Heute wird der Bundesrat seinen Vorschlag für eine schärfere Bankenregulierung beschliessen und in die Vernehmlassung schicken. Seit Monaten wird in der öffentlichen Diskussion vor allem die Frage der Höhe des Eigenkapitals diskutiert. Doch diese Diskussion greift viel zu kurz. Völlig ausgeblendet wird die Auswirkung der Regulierung auf 100’000 Bankmitarbeitende in der Schweiz.
Alle sind sich einig: Es muss verhindert werden, dass die Schweiz noch einmal in eine Situation wie 2008 mit der UBS und 2023 mit der Credit Suisse kommt. Doch was heisst das konkret? Was genau darf sich nicht wiederholen?
Der Schweizerische Bankpersonalverband verlangt, dass verantwortungslose Top-Manager aus Konzernleitung und Verwaltungsrat zur Verantwortung gezogen werden, wenn sie eine Bank in Schieflage bringen oder an die Wand fahren. Zudem braucht es in Zukunft Aufsichtsbehörden, die ihre Aufgabe wahrnehmen und durchgreifen, Es braucht aber auch einen Bundesrat, der den Aufsichtsbehörden den Rücken stärkt.
1. Verantwortungslose Top-Manager zur Rechenschaft ziehen
Weder 2008 noch 2023 hatte das verantwortungslose Handeln der Konzernleitung und des Verwaltungsrates Konsequenzen. Das darf sich in Zukunft nicht wiederholen.
Der Bankmitarbeitende, der Regeln verletzt, spürt die Konsequenzen unmittelbar. Er verliert seinen Job umgehend. Der CEO und der VR-Präsident, die eine Bank in Schieflage bringen oder an die Wand fahren, Risiken in fahrlässiger Weise ignorieren und sich Weisungen der Aufsichtsbehörden widersetzen, bleiben unbehelligt.
Verantwortungsloses Handeln der Konzernleitung und des Verwaltungsrates darf sich nicht lohnen. Es braucht klare Verantwortlichkeiten und persönliche Haftung. Zudem verlangt der Schweizerische Bankpersonalverband schon seit längerem eine eigene Strafnorm für Mitglieder von Verwaltungsräten und Konzernleitungen von Banken. Der Bundesrat hat vor zwei Jahren zu Notrecht gegriffen. Da ist es für den Bundesrat sicher kein Problem, schon viel früher das Strafrecht einzusetzen.
2. Eine Aufsicht, die ihre Verantwortung wahrnimmt
Auch bei der Aufsicht sind die Parallelen zwischen 2008 und 2023 eklatant. Bereits 2008 hat die Eidgenössische Bankenkommission unter Direktor Daniel Zuberbühler versagt.
Auch damals hat das Parlament die Rolle der Aufsicht untersucht. Die Geschäftsprüfungskommission stellt in ihrem Bericht am 30.5.2010 in aller Deutlichkeit klar: «Die Hauptprobleme bezüglich der Fähigkeit der schweizerischen Behörden, Finanzmarktkrisen rechtzeitig zu erkennen, stehen nach Auffassung der GPK im Zusammenhang mit dem mangelnden Follow-up ihrer eigenen Kritiken oder Beobachtungen und dem Mangel an kritischem Geist bei sämtlichen betroffenen Behörden.» Und die FINMA hielt in ihrem Bericht fest: «Insgesamt muss aber festgehalten werden, dass die EBK zu wenig strukturiert und mit Nachdruck die Umsetzung dieser Massnahmen kontrollierte und somit tatsächlich einforderte. (…) Die EBK unterschätzte somit die Risiken, die von den erkannten Mängeln ausgingen, und bewies daher bei der Umsetzung ihrer Forderungen zu wenig Durchschlagskraft.»
Dass gerade Herr Zuberbühler jetzt als prominenter Fürsprecher für eine maximale Erhöhung des Eigenkapitals auftritt, wirkt wie ein Revanche-Foul für die Kritik, die er für seine ungenügende Hartnäckigkeit 2008 einstecken musste.
Heute wissen wir, dass auch die FINMA ihre Aufsichtsfunktion bei der Credit Suisse völlig ungenügend wahrgenommen hat und Teil des Problems war. Der Schweizerische Bankpersonalverband hat bereits vor der Veröffentlichung des PUK-Berichts den Rücktritt der FINMA-Präsidentin verlangt. Obwohl der PUK-Bericht die Kritik des Schweizerischen Bankpersonalverbandes an der Aufsicht bestätigte, ist bis heute nichts geschehen. Wieso hat der Bundesrat Angst davor, mit einer Neubesetzung des FINMA-Präsidiums ein starkes Zeichen dafür zu setzen, dass die Politik in Zukunft eine starke und handlungswillige Auf-sichtsbehörde will.
Sowohl 2008 als auch 2023 haben die Aufsichtsbehörden ihre Verantwortung nicht wahrgenommen. Auch das darf sich in Zukunft nicht wiederholen. Es braucht nicht einfach mehr Regulierung, sondern Aufsichtsbehörden, die ihre Aufgabe wahrnehmen und die bestehenden Instrumente auch einsetzen. Aber es braucht auch einen Bundesrat, der den Aufsichtsbehörden den Rücken stärkt und nicht in einer Krisensituation Sprüche klopft und verlangt, man müsse die Credit Suisse jetzt in Ruhe lassen.
3. Eigenkapitalanforderungen mit Augenmass erhöhen
Niemand bestreitet, dass das Eigenkapital der UBS 2008 im Verhältnis zum Geschäftsmodell und den Risiken zu tief war. Im Nachgang wurden die Anforderungen verschärft, aber bei der Credit Suisse über Jahre mit Ausnahmeregeln nicht angewandt. Am Schluss war es einfach zu spät für eine Korrektur.
Die UBS steht 2025 – auch nach der Integration der Credit Suisse – viel besser da. Sie hat das Geschäftsmodell stark angepasst, hat viel weniger Risiken und eine deutlich höhere Eigenkapitalquote. Aber die Schweiz befindet sich in einem klassischen Zielkonflikt. Auf der einen Seite will die Schweiz Sicherheit und sich vor den Risiken einer neuen Bankkrise möglichst wirksam schützen. Und deshalb die Forderung nach einem möglichst hohen Ei-genkapital.
Auf der anderen Seite braucht die Schweiz eine global tätige Bank. Da geht es um zehn-tausende von Arbeitsplätzen. Aber auch für die stark exportorientierten KMU macht es einen grossen Unterschied, ob sie mit einer Schweizer Bank zusammenarbeiten oder mit einer amerikanischen, englischen oder deutschen Bank.
Die Diskussion um die Eigenkapitalanforderung muss deshalb mit Augenmass geführt werden. Das Geschäftsmodell und die Risiken müssen in die Diskussion einbezogen werden. Ebenso müssen die Auswirkungen von Massnahmen auf den Finanzplatz berücksichtigt werden – allein bei der UBS sind zusätzlich bis zu 10’000 Arbeitsplätze gefährdet.
Es klingt äusserst zynisch, wenn Professoren oder der ehemalige EBK-Präsident so tun, wie wenn die beliebige Anhebung der Eigenkapitalanforderung keine Auswirkungen hat und bei der Frage der Arbeitsplätze nur mit den Achseln zucken. Seit März 2023 spricht der Schweizerische Bankpersonalverband von den Menschen, den betroffenen Mitarbeitenden, während Politik und Experten nur über Zahlen sprechen.
Die UBS muss eine Schweizer Bank bleiben und die Schweizer Werte verkörpern und leben. Dazu gehört die jahrzehntelange Tradition einer gesunden Sozialpartnerschaft. Bei unterschiedlichen Meinungen müssen wir uns einigen, im Sinne der Mitarbeitenden. Der Schweizerische Bankpersonalverband erwartet von der Politik, dass die Rahmenbedingungen der UBS auch in Zukunft ermöglichen, eine Schweizer Bank zu bleiben und Schweizer Werte zu leben.
Der Schweizerische Bankpersonalverband ist die Stimme der Bankangestellten und wird in der Diskussion und Vernehmlassung zur Bankenregulierung den Fokus auf die Menschen, die Mitarbeitenden in den Banken legen.