Die Ankündigung des Verkaufs der Bank Notenstein im Mai 2018 war nicht nur für die Angestellten von Notenstein ein Schock, sondern auch für einen Teil der Belegschaft von Raiffeisen Schweiz und der Arizon Sourcing AG. Beide Unternehmen boten gewisse Dienstleistungen für Notenstein an, die nun mit dem Verkauf der Bank überflüssig geworden sind. Insgesamt waren 50 Personen bei Raiffeisen und Arizon betroffen, die mit dieser Ankündigung im Dunkeln gelassen wurden.
Als Sozialpartner von Raiffeisen Schweiz hatte der Schweizerische Bankpersonalverband Zugang zu den Verhandlungen mit den drei vom Verkauf von Notenstein betroffenen Firmen gefordert, anfänglich ohne Erfolg. Die Personalkommission von Notenstein nahm zwar die Verhandlungen über einen Sozialplan mit Vontobel auf, dieser war jedoch nur für die Angestellten von Notenstein bestimmt. Für das Personal von Raiffeisen und Arizon hingegen waren keinerlei Verhandlungen vorgesehen, wurde doch die Schwelle von 30 gestrichenen Stellen als Voraussetzung für die Verhandlung eines Sozialplans bei beiden Firmen nicht erreicht.
Da der SBPV nur wenige Mitglieder beim Fintech-Unternehmen Arizon hat und diese vom Stellenabbau nicht tangiert wurden, fühlten sie sich auch nicht betroffen. Die Angestellten deren Jobs gestrichen wurden, waren mehrheitlich älter als 50 Jahre und hatten kaum berufliche Perspektiven. Sie befürchteten, dass ihre Direktion ihnen weniger vorteilhafte Abgangsbedingungen zugestehen würde als ihren Kollegen bei Notenstein. Isoliert, ohne Kenntnisse ihrer Rechte und ohne gewerkschaftliche Erfahrung schwankten sie deshalb zwischen Resignation und Wut und fühlten sich hilflos.
Es bedurfte einer einzigen Person um neue Perspektiven zu eröffnen. Ein mutiger und solidarischer Angestellter spielte die Rolle des Katalysators und Vermittlers zwischen den Angestellten und dem SBPV. Obwohl vom Stellenabbau nicht betroffen, wollte er seinen glücklosen Kollegen helfen. Sein gewerkschaftliches Vorgehen bestand anfänglich in einem Aufruf, Mitglied beim SBPV zu werden. Obwohl mehrmals ausgehängt, wurde dieser Aufruf in Form eines Flugblattes jedes Mal innert kurzer Zeit entfernt. Doch das reichte nicht um ihn zu entmutigen! Er nahm Kontakt mit dem SBPV auf, um sich über dessen Unterstützungsmöglichkeiten für seine mehrheitlich (noch) nicht gewerkschaftlich organisierten Kollegen zu informieren. In der Folge organisierte er zusammen mit dem SBPV eine erste Versammlung und lud seine Kollegen ein, daran teilzunehmen. Um sich vor möglichen Vergeltungsmassnahmen zu schützen, benutzte er fortan eine anonymisierte E-Mail-Adresse.
Von der ersten Versammlung an nahmen praktisch alle vom Stellenabbau betroffenen Angestellten teil, wurden Mitglieder und bevollmächtigten somit den SBPV. Auf dieser Grundlage nahm der SBPV Kontakt mit den HR-Verantwortlichen von Raiffeisen auf und konnte Verhandlungen für einen Sozialplan durchsetzen. Die Entschlossenheit der Angestellten, ihr mehrheitlicher Beitritt zum SBPV und die während der Versammlungen gesammelten Informationen waren ausschlaggebend um die Direktion von Raiffeisen an den Verhandlungstisch zu bringen. Der ausgehandelte Sozialplan war schliesslich besser als derjenige ihrer Kollegen bei Notenstein.
Moral der Geschichte
Ein einziger mutiger und solidarischer Angestellter (dessen Stelle nicht betroffen war) hat dieser Geschichte zum Durchbruch verholfen. Sein Handeln war entscheidend. Er hat seine Kollegen über ihre Rechte informiert und ihnen ermöglicht, sich zu organisieren und gemeinsam zu verteidigen. Das einheitliche Auftreten und die Solidarität haben schliesslich die Bedingungen geschaffen um in die Verhandlungen einzutreten und einen guten Sozialplan auszuhandeln. Dies war möglich mit dem SBPV als starkem Partner.
ARIZON Sourcing AG ist ein Fintech-Unternehmen, das für die Entwicklung und den Support der digitalen Plattformen bei der Raffeisen Bank und der Notenstein Bank zuständig ist. Die Aktionäre von Arizon sind Raiffeisen und Avaloq.